Geldwäscheprävention

Branchen mit einem potenziell erhöhtem Geldwäscherisiko – Risiken, Warnsignale und Pflichten für Steuerberater

Welche Branchen ein erhöhtes Geldwäscherisiko haben und welche GwG-Pflichten Steuerberater dabei beachten müssen.

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Branchen mit einem potenziell erhöhtem Geldwäscherisiko – Risiken, Warnsignale und Pflichten für Steuerberater
8:08

Branchen unterscheiden sich hinsichtlich ihres Geldwäscherisikos erheblich. Einige Geschäftsmodelle weisen aufgrund ihres Aufbaus, ihrer Zahlungsströme oder ihrer Marktstruktur statistisch ein erhöhtes Risiko für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung auf. Steuerberater gehören zu den Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz (GwG) und müssen deshalb risikoorientiert prüfen – unabhängig davon, wie vertrauenswürdig ein Mandant auf den ersten Blick erscheint. 

Regulierungs- und Aufsichtsbehörden beobachten bestimmte Branchen besonders kritisch.  

Ein verbreitetes Missverständnis lautet, dass das GwG vor allem Banken betreffe. Tatsächlich gilt das Gesetz jedoch ausdrücklich auch für Steuerberater (§ 2 Abs. 1 Nr. 12 GwG), die bei der Mandatsannahme und fortlaufenden Betreuung eine zentrale Rolle im Präventionssystem einnehmen. 

Dieser Beitrag zeigt auf, welche Branchen typologisch ein erhöhtes Risiko aufweisen, welche Anforderungen daraus für Steuerberater entstehen und wie diese in der Praxis effizient, digital und prüfungssicher umgesetzt werden können. 

  1. Welche Branchen weisen einpotenziellerhöhtes Geldwäscherisiko auf? 

Im GwG selbst existiert keine abschließende Liste. Orientierung bieten jedoch: 

  • Auslegungs- und Anwendungshinweise der Steuerberaterkammern 
  • FIU-Typologieberichte 
  • FATF-Empfehlungen 
  • Erkenntnisse der Aufsichtsbehörden 

Diese Quellen identifizieren regelmäßig bestimmte Sektoren, die aufgrund struktureller Merkmale ein erhöhtes Risiko aufweisen können. Dazu zählen unter anderem: 

  • Gastronomie (hoher Bargeldanteil) 
  • Bargeldintensive Gewerbe wie Einzelhandel, Friseure, Kosmetikstudios 
  • Immobilienhandel und -verwaltung 
  • Bau- und Handwerksgewerbe 
  • Kfz-Handel 
  • Edelmetallhandel, Juweliere 
  • E-Commerce-Unternehmen 
  • Dienstleister mit komplexen Firmenstrukturen 
  • Unternehmen mit internationalen Zahlungswegen oder Sitz in Drittstaaten 

Für Steuerberater besteht das Risiko vor allem darin, dass Zahlungsströme, Eigentumsverhältnisse oder Transaktionen wirtschaftlich schwerer nachvollziehbar sind und daher eine intensivere Prüfung erforderlich machen.  

  1. Warum gelten diese Branchen als risikobehaftet?

Die genannten Sektoren weisen oft Merkmale auf, die Geldwäsche begünstigen können. Behörden und internationale Organisationen nennen insbesondere folgende Faktoren: 

Typologische Risikofaktoren (Auswahl): 

  • Hoher Bargeldanteil 
    Bargeldtransaktionen erschweren die transparente Nachvollziehbarkeit und bieten Missbrauchspotenzial. 
  • Komplexe Firmen- und Beteiligungsstrukturen 
    Mehrstufige Konstrukte können der Verschleierung wirtschaftlich Berechtigter dienen. 
  • Internationale Zahlungswege 
    Zahlungen aus Drittstaaten oder Hochrisikoländern erfordern erhöhte Aufmerksamkeit. 
  • Geringe Transparenzanforderungen in bestimmten Jurisdiktionen 
    Dies kann die Ermittlung wirtschaftlich Berechtigter erschweren. 
  • Hohe Umschlagsgeschwindigkeit 
    Beispielsweise im Kfz-Handel oder Immobilienbereich, wodurch Mittel schnell verschoben werden können. 

Für Steuerberater sind diese Faktoren relevant, weil sie bei der Mandatsannahme und während des gesamten Mandantenverhältnisses die angemessenen Sorgfaltspflichten nach § 10 GwG risikoorientiert anwenden müssen.  

  1. Welche Pflichten haben Steuerberater bei risikobehafteten Branchen?

Die Auslegungshinweise sowie § 15 GwG definieren klare Anforderungen. In der Praxis bedeuten sie: 

Verstärkte Sorgfaltspflichten  

Bei Mandanten mit erhöhtem Risiko muss die Identifizierung vertieft erfolgen. Beispiele: 

  • zusätzliche Informationen über die Mittelherkunft 
  • intensivere Prüfung der wirtschaftlich Berechtigten 
  • Analyse ungewöhnlicher Transaktionsmuster 
  • engmaschigeres Monitoring 

Risikobasierte Mandatsannahme 

Bereits vor Abschluss des Mandats muss geprüft werden: 

  • Welche Geschäftstätigkeit liegt vor? 
  • Welche Risiken sind branchentypisch? 
  • Welche Maßnahmen sind erforderlich, um diese Risiken angemessen zu minimieren? 

Erweiterte Dokumentation und Nachweise 

Nach § 8 GwG müssen sämtliche Maßnahmen vollständig, korrekt und zeitnah dokumentiert werden. Dazu gehören: 

  • Ergebnisse der Identifizierung 
  • Risikobewertung 
  • Begründung für die Einstufung 
  • getroffene verstärkte Sorgfaltspflichten 
  • Hinweise auf Auffälligkeiten 

Regelmäßiges Monitoring 

Risikobehaftete Mandate erfordern eine häufigere Überprüfung: 

  • Aktualisierung der Daten und Identitätsdokumente 
  • Abgleich von Unternehmensstrukturen 
  • Prüfung neuer Transaktionen oder Aktivitäten 

Aktualisierung der Risikoanalyse 

Die Risikoanalyse muss: 

  • branchenspezifische Risiken berücksichtigen 
  • regelmäßig überprüft und angepasst werden 
  • Grundlage aller internen Maßnahmen sein  
  1. Warnsignale (RedFlags) bei Branchen mit erhöhtem Geldwäscherisiko

Behörden und internationale Gremien veröffentlichen regelmäßig typologische Warnsignale. Für Steuerberater sind folgende Red Flags besonders relevant: 

  • Ungewöhnlich hohe Bareinnahmen, die nicht zur Branche passen 
  • Erklärungsbedürftige Zahlungsströme ohne wirtschaftlichen Hintergrund 
  • Auffällige Margen oder Kassenabweichungen 
  • Häufige oder kurzfristige Eigentümerwechsel 
  • Zahlungen aus Hochrisikoländern oder nicht nachvollziehbaren Quellen 
  • Komplexe Firmenstrukturen ohne erkennbaren wirtschaftlichen Zweck 
  • Unklare Herkunft der Mittel bei Investitionen oder Erwerbsvorgängen 
  • Hohe Anzahl kurzfristiger Transaktionen, insbesondere im Immobilien- oder Kfz-Sektor 

Diese Warnsignale sollten systematisch dokumentiert und im Rahmen der verstärkten Sorgfaltsoflichten berücksichtigt werden. 

  1. Praxisbeispiele aus dem Kanzleialltag

Fall 1: Gastronomiebetrieb mit ungewöhnlich hohen Bareinnahmen 

Ein Restaurant weist über mehrere Monate signifikant höhere Bareinnahmen aus als branchenüblich. 
Pflichten in der Praxis: 

  • intensivere Prüfung der Kassenprozesse 
  • Dokumentation der Mittelherkunft 
  • risikoorientierte Verstärkung des Monitorings 
  • Aktualisierung der Risikoeinstufung 

Fall 2: Immobilien-GmbH mit häufigen Transaktionen 

Ein Mandant kauft und verkauft in kurzer Zeit mehrere Objekte. 
Pflichten in der Praxis: 

  • Nachweise zur Mittelherkunft 
  • engmaschiges Monitoring bei neuen Transaktionen 
  • Dokumentation aller Analyseschritte 

Fall 3: E-Commerce-Unternehmen mit internationalen Zahlungswegen 

Der Mandant führt wiederholt Zahlungen aus unterschiedlichen Drittstaaten aus. 
Pflichten in der Praxis: 

  • Prüfung von Hochrisikoländern gemäß GwG 
  • Nachvollziehbarkeit der Zahlungswege sicherstellen 
  • ggf. erweiterte Dokumentation zur Mittelherkunft 

  • regelmäßige Aktualisierung der Identitätsdaten 
  1. Dokumentation: Was zwingend festgehalten werden muss

Die Dokumentation nach § 8 GwG ist ein zentraler Prüfpunkt der Aufsicht. Wichtig ist: 

Unbedingt erforderlich: 

  • branchenspezifische Risikoanalyse 
  • Begründung der Risikoeinstufung 
  • Dokumentation der Identifizierungsmaßnahmen 
  • Nachweise zu den verstärkten Sorgfaltspflichten  
  • Monitoring-Entscheidungen und deren Häufigkeit 
  • Berücksichtigung von FIU- und FATF-Hinweisen 

Eine ausführliche Darstellung der Anforderungen finden Sie hier: 
GwG-Dokumentationspflichten  

Fazit 

Branchen mit potenziell erhöhtem Geldwäscherisiko sind nicht automatisch problematisch – aber sie erfordern ein strukturiertes, risikoorientiertes Vorgehen. Steuerberater stehen als Verpflichtete nach GwG in der Verantwortung, diese Risiken frühzeitig zu erkennen, angemessen zu bewerten und nachvollziehbar zu dokumentieren. 

Kanzleien profitieren von klar definierten, digitalen und prüfungssicheren Prozessen. Ein funktionierendes System schützt vor Haftung, Bußgeldern und Reputationsschäden – und stärkt gleichzeitig die Qualität der Mandatsbetreuung. 

Wer seine Risikomanagementprozesse optimieren möchte, sollte branchenspezifische Risiken systematisch in die Kanzleiorganisation integrieren. 

FAQ – Hochrisikobranchen & GwG: Die wichtigsten Fragen auf einen Blick 

Welche Branchen gelten als besonders risikobehaftet?

Unter anderem Gastronomie, bargeldintensive Gewerbe, Immobilienhandel, Kfz-Handel, Edelmetallhandel, Baugewerbe und Unternehmen mit internationalen Zahlungswegen. 

Warum sind diese Branchen risikobehaftet?

Typologische Risikofaktoren wie hoher Bargeldanteil, komplexe Strukturen, häufige Eigentümerwechsel oder internationale Zahlungen erhöhen die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten.

Welche Pflichten hat ein Steuerberater konkret?

Verstärkte Sorgfaltspflichten, risikobasierte Mandatsannahme, intensives Monitoring, vollständige Dokumentation und regelmäßige Aktualisierung der Risikoanalyse.

Was sind typische Warnsignale?

Ungewöhnliche Cashflows, unklare Mittelherkunft, auffällige Strukturen oder Zahlungen aus Hochrisikoländern.

Was muss dokumentiert werden?

Alle Prüfmaßnahmen nach § 8 GwG, inklusive Risikoanalyse, Nachweise über Durchführung der verstärkten Sorgfaltspflichten, Abklärung der wirtschaftlich Berechtigten, Monitoring-Entscheidungen und Begründungen der Risikoeinstufung.

 

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