Steuerberater unterliegen den sogenannten Identifizierungspflichten nach dem Geldwäschegesetz (GwG). Diese Pflichten dienen dazu, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung effektiv zu verhindern, indem Mandanten – sowohl natürliche als auch juristische Personen – eindeutig identifiziert werden. Dabei geht es nicht nur um Unternehmen oder wirtschaftlich Berechtigte, sondern auch um Einzelpersonen, Stiftungen oder komplexe Beteiligungskonstruktionen.
In der Praxis ist vielen Mandanten nicht klar, dass auch ihre Steuerberater diese gesetzlichen Anforderungen erfüllen müssen – teilweise schon bei der Mandatsaufnahme. Dieser Artikel erklärt klar und verständlich, in welchen Fällen die Identifizierungspflicht gilt, welche Informationen erhoben werden müssen, welche Dokumente zulässig sind und wie sich der gesamte Prozess effizient in den Kanzleialltag integrieren lässt. Außerdem zeigen wir auf, wie moderne Softwarelösungen bei der Umsetzung unterstützen und helfen, Risiken zu minimieren.
Wann gelten Identifizierungspflichten für Steuerberater?
Die Identifizierungspflicht für Steuerberater ergibt sich aus dem Geldwäschegesetz (GwG), insbesondere aus den Paragrafen § 10 und § 11 GwG. Steuerberater gelten als Verpflichtete im Sinne des Gesetzes, sobald sie bestimmte Tätigkeiten ausüben oder bestimmte Schwellenwerte überschreiten. Diese Pflicht tritt ein, wenn bestimmte Auslöser vorliegen:
- Begründung einer neuen Geschäftsbeziehung (z. B. bei Aufnahme eines neuen Mandats)
- Durchführung von Transaktionen über 10.000 EUR
- Zweifel an der Identität einer bereits bekannten Person
- Anzeichen für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung
Diese Pflicht gilt unabhängig davon, ob die Tätigkeit vergütet wird oder nicht. Entscheidend ist allein die Art der Dienstleistung.
Praxisbeispiel 1:
Ein neuer Mandant möchte seine GmbH bilanzieren lassen. Da eine neue Geschäftsbeziehung entsteht, muss die Identität des wirtschaftlich Berechtigten (z. B. Gesellschafter) festgestellt werden.
Praxisbeispiel 2:
Ein Mandant legt plötzlich einen neuen Geschäftsführer vor, ohne vorherige Abstimmung. Hier entstehen Zweifel an der bisherigen Identitätslage, was eine erneute Überprüfung notwendig macht.
Praxisbeispiel 3:
Ein ausländischer Investor plant, über eine deutsche Gesellschaft in Immobilien zu investieren. Aufgrund der Komplexität und der grenzüberschreitenden Strukturen besteht ein erhöhtes Risiko. Die Identifizierungspflicht greift hier sowohl bei Begründung der Geschäftsbeziehung als auch aufgrund potenzieller Anzeichen für Geldwäsche.
Welche Informationen müssen erhoben werden?
Steuerberater müssen gemäß § 11 GwG eine Reihe personenbezogener und unternehmensbezogener Informationen dokumentieren. Diese umfassen:
In Bezug auf Vertragspartner und gegebenenfalls für diese auftretende Personen haben Verpflichtete zum Zweck der Identifizierung folgende Angaben zu erheben:
- bei einer natürlichen Person:
- eine Wohnanschrift oder, sofern kein fester Wohnsitz mit rechtmäßigem Aufenthalt in der Europäischen Union besteht und die Überprüfung der Identität im Rahmen des Abschlusses eines Basiskontovertrags im Sinne von § 38 des Zahlungskontengesetzes erfolgt, die postalische Anschrift, unter der der Vertragspartner sowie die gegenüber dem Verpflichteten auftretende Person erreichbar ist
- bei einer juristischen Person oder bei einer Personengesellschaft:
- Firma, Name oder Bezeichnung
- Registernummer, falls vorhanden
- Anschrift des Sitzes oder der Hauptniederlassung
- die Namen der Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Namen der gesetzlichen Vertreter und, sofern ein Mitglied des Vertretungsorgans oder der gesetzliche Vertreter eine juristische Person ist, von dieser juristischen Person die Daten nach den Buchstaben a bis d.
- In Bezug auf einen wirtschaftlich Berechtigten hat der Verpflichtete zum Zweck der Identifizierung zumindest dessen Vor- und Nachnamen und, soweit dies in Ansehung des im Einzelfall bestehenden Risikos der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung angemessen ist, weitere Identifizierungsmerkmale zu erheben. Geburtsdatum, Geburtsort und Anschrift des wirtschaftlich Berechtigten dürfen unabhängig vom festgestellten Risiko erhoben werden. Die Erhebung der Angaben hat beim Vertragspartner oder der gegebenenfalls für diesen auftretenden Personen zu erfolgen; eine Erhebung der Angaben aus dem Transparenzregister genügt zur Erfüllung der Pflicht zur Erhebung der Angaben nicht. Werden bei Trusts oder anderen Rechtsgestaltungen nach § 21 die wirtschaftlich Berechtigten nach besonderen Merkmalen oder nach einer Kategorie bestimmt, so hat der Verpflichtete ausreichende Informationen über den wirtschaftlich Berechtigten einzuholen, um zum Zeitpunkt der Ausführung der Transaktion oder der Ausübung seiner Rechte die Identität des wirtschaftlich Berechtigten feststellen zu können.
Wirtschaftlich Berechtigte sind gemäß § 3 GwG natürliche Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle das Unternehmen letztlich steht. Bei komplexeren Strukturen (z. B. Beteiligungsgesellschaften oder Treuhandverhältnissen) ist eine tiefere Analyse notwendig.
Welche Dokumente sind zulässig?
Zur Identitätsprüfung sind folgende Dokumente zulässig:
Natürliche Personen:
- Gültiger Personalausweis (Vorder- und Rückseite)
- Reisepass mit Wohnsitznachweis
- Elektronische Identitätsnachweise (eID) über vertrauenswürdige Anbieter
Juristische Personen:
- Aktueller Handelsregisterauszug
- Gesellschaftsvertrag / Satzung
- Vollmacht der vertretungsberechtigten Person(en)
- Nachweis der wirtschaftlich Berechtigten (aktueller Transparenzregisterauszug)
Zulässig ist ebenfalls die Nutzung von Verifizierungsdiensten, die auf qualifizierte elektronische Signaturen oder andere sichere Verfahren setzen. Wichtig ist die lückenlose Dokumentation aller Nachweise.
Wie erfolgt die Identifizierung in der Praxis?
Ein typischer Identifikationsprozess in der Kanzlei läuft folgendermaßen ab:
- Mandant erscheint in der Kanzlei oder nutzt ein digitales Verfahren
- Vorlage und Prüfung des Ausweisdokuments
- Erfassung der notwendigen Daten laut GwG (inkl. wirtschaftlich Berechtigter)
- Dokumentation und revisionssichere Ablage im System
- Regelmäßige Aktualisierungspflicht, insbesondere bei PEPs oder bei länger laufenden Mandaten
Dieser Prozess kann analog erfolgen (Papierform mit Unterschrift und Sichtvermerk) oder digital über anerkannte Identifizierungsdienste wie VideoIdent, PostIdent oder eID-Lösungen.
Digitale Kanzleien nutzen zunehmend die Möglichkeit, Identifizierungsdaten direkt in die Mandatsakte zu integrieren. Dies spart nicht nur Zeit, sondern schafft auch Transparenz gegenüber Prüfbehörden. Wichtig ist zudem die Schulung der Mitarbeiter, damit sie Auffälligkeiten erkennen und korrekt dokumentieren können.
Wie lange und wie müssen die Daten gespeichert werden?
Nach § 8 GwG müssen die erhobenen Daten mindestens fünf Jahre aufbewahrt werden. Die Frist beginnt mit dem Ende der Geschäftsbeziehung. Die Speicherung hat revisionssicher, vollständig und jederzeit abrufbar zu erfolgen.
Nicht zulässig sind:
- Speicherung auf unverschlüsselten USB-Sticks
- Nutzung privater Cloud-Dienste ohne DSGVO-Konformität
- Papierablagen ohne Zugriffsschutz oder Archivierungsstrategie
Moderne Lösungen erlauben die automatische Fristenkontrolle, das sichere Löschen abgelaufener Datensätze sowie die Bereitstellung vollständiger Nachweise im Falle einer Prüfung. Zudem sollte regelmäßig überprüft werden, ob die gewählte Speicherlösung noch dem Stand der Technik entspricht.
Was passiert bei Verstoß gegen die Identifizierungspflicht?
Verstöße gegen die Identifizierungspflicht werden streng geahndet. Mögliche Konsequenzen sind:
- Bußgelder bis zu 1 Mio. EUR oder mehr gemäß § 56 GwG
- Reputationsschäden durch "Naming and Shaming" auf den Seiten der Aufsichtsbehörden
- Berufsrechtliche Konsequenzen durch die Steuerberaterkammern
Ein häufig übersehener Punkt ist, dass nicht nur aktive Verstöße, sondern auch unterlassene oder verspätete Prüfungen sanktioniert werden können. In mehreren Bundesländern wurden bereits Bußgelder gegen Kanzleien verhängt, die unzureichend dokumentierten, wer wirtschaftlich Berechtigter eines Mandanten war.
Häufige Fehlerquellen:
- Veraltete Daten in der Mandatsakte
- Keine Dokumentation von Transaktionszwecken
- Unklare oder fehlende Feststellungen bei komplexen Beteiligungsverhältnissen
- Kein klarer Prozess zur Risikoanalyse bei neuen Mandaten
Software & Automatisierung: So erfüllen Sie die Pflicht effizient
Die Einhaltung der GwG-Vorgaben lässt sich durch den Einsatz von digitalen Lösungen erheblich erleichtern. Moderne Kanzleisoftware bietet:
- Automatische Ausweisprüfung via Schnittstelle zu VideoIdent
- Dokumentenmanagement mit revisionssicherer Ablage
- PEP- und Sanktionslisten-Screening in Echtzeit
- Erinnerungsfunktionen zur Aktualisierungspflicht
- Transparenzregister-Abfragen und Protokollierung
Besonders effizient sind Lösungen, die den gesamten Identifizierungsprozess in ein zentrales Mandatsmanagement integrieren. Unsere eigene Software-Lösung bietet Ihnen genau diese Funktionen – DSGVO-konform, intuitiv und speziell für die Bedürfnisse von Steuerkanzleien entwickelt. Unsere Tools unterstützen Sie dabei, Identifikationsprozesse zu standardisieren, Prüfberichte automatisiert zu erzeugen und Compliance-Anforderungen lückenlos zu erfüllen.
Ein weiterer Vorteil liegt in der Nachvollziehbarkeit: Im Falle einer behördlichen Prüfung können alle Schritte, Dokumente und Entscheidungen strukturiert und zeitnah vorgelegt werden.
Fazit: Identifizierung als Pflicht, aber auch als Schutz
Die Identifizierungspflichten nach dem Geldwäschegesetz sind fester Bestandteil des Kanzleialltags geworden. Doch mit dem richtigen Verständnis, klaren Prozessen und digitalen Hilfsmitteln lassen sie sich nicht nur effizient erfüllen, sondern auch als Schutz für Ihre Kanzlei nutzen. Denn wer korrekt identifiziert, vermeidet Bußgelder, schützt sich vor Reputationsverlust und schafft Vertrauen gegenüber Mandanten und Behörden.
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