Steuerberater stehen an vorderster Front im Kampf gegen Geldwäsche. Als Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz (GwG) und dank ihres tiefen Einblicks in Mandantenbeziehungen erkennen sie auffällige Transaktionen oft als Erste. Mit dem EU‑AML‑Paket (Verordnungen (EU) 2024/1620 und (EU) 2024/1624; Richtlinie (EU) 2024/1640) wurde ein einheitlicher Rahmen für alle Verpflichteten geschaffen, der Meldepflichten, Sorgfaltspflichten und Transparenzanforderungen europaweit harmonisiert und eine neue zentrale EU‑Aufsichtsbehörde (AMLA) etabliert.
Parallel dazu gilt seit dem 1. Januar 2024 die Pflicht zur Registrierung im elektronischen Meldeportal goAML der Financial Intelligence Unit (FIU) Deutschland für alle Verpflichteten nach GwG – Steuerberater inklusive – sogar mit Bußgeldandrohung ab 2025 bei Unterlassung. Dieser Artikel zeigt die sieben häufigsten Warnsignale (Red Flags) für Geldwäsche und gibt praxisnahe Tipps, wie Sie diese in Ihrer Kanzlei erkennen und korrekt handhaben.
Warum Warnsignale entscheidend sind
Geldwäsche bezeichnet das Einschleusen illegal erworbener Gelder in den legalen Finanzkreislauf, um deren Herkunft zu verschleiern. Steuerberater erhalten tiefe Einblicke in die Vermögens‑ und Finanzstrukturen ihrer Mandanten und können Unregelmäßigkeiten frühzeitig erkennen. Die Meldepflicht nach § 43 GwG verpflichtet bei konkreten Anhaltspunkten zur unverzüglichen Verdachtsmeldung an die FIU. Ein geschultes Auge für Red Flags minimiert Haftungsrisiken, schützt Ihre Reputation und trägt maßgeblich zur Integrität des Finanzsystems bei.
Die 7 häufigsten Warnsignale und Erkennungsmerkmale
Ungewöhnlich hohe Barzahlungen
Mandanten zahlen auffällig oft oder in sehr hohen Summen bar – etwa bei Immobilienkäufen, Unternehmensbeteiligungen oder Beratungsleistungen. Bargeldtransaktionen sind bei Geldwäschern beliebt, weil sie Spuren verwischen. Hinterfragen Sie jede Barzahlung, dokumentieren Sie Herkunftsnachweise und prüfen Sie, ob der Betrag im Verhältnis zum bekannten Geschäftsvolumen steht.
Komplexe, intransparente Firmen‑ und Treuhandstrukturen
Verschachtelte Beteiligungen, Briefkastenfirmen in Offshore-Jurisdiktionen und undurchsichtige Treuhandkonstruktionen dienen häufig dazu, den wirtschaftlich Berechtigten (Ultimate Beneficial Owners, UBO) zu verschleiern. Fordern Sie Gründungsdokumente, Satzungen und Gesellschafterlisten an, prüfen Sie das Transparenzregister und ermitteln Sie den UBO konsequent.
Ungewöhnliche Transaktionsmuster
Wiederkehrende Überweisungen an dieselben Empfänger ohne erkennbaren wirtschaftlichen Zweck, Round‑Tripping (Geldkreislaufgeschäft – Geld fließt ins Ausland und kommt über Umwege zurück) oder Transaktionen in sehr kurzen Abständen sind typische Layering‑Phasen der Geldwäsche. Führen Sie ein Transaktionsjournal, analysieren Sie Buchungsmuster und bewerten Sie Auffälligkeiten risikobasiert.
Geschäfte mit Hochrisikoländern
Länder auf den FATF‑Grau‑ oder Schwarzen Listen gelten als Hochrisikoregionen. Transaktionen aus oder in diese Staaten müssen besonders sorgfältig überwacht werden: Prüfen Sie regelmäßig die offiziellen Listen der FATF und EU‑Sanktionsdatenbanken. Berücksichtigen Sie das Länderrisiko bei der Risikobewertung Ihres Mandanten und passen Sie Ihre Prüfprozesse bei Bedarf entsprechend an.
Plötzlicher Vermögenszuwachs ohne erkennbare Quelle
Mandanten tätigen unerwartet große Investitionen – beispielsweise Immobilienkäufe oder Kapitalanlagen – ohne Einkommens‑ oder Erbschaftsnachweise. Fordern Sie Gehaltsabrechnungen, Schenkungsverträge oder Erbschaftsnachweise an, dokumentieren Sie Unstimmigkeiten und ziehen Sie bei fehlender Plausibilität eine Verdachtsmeldung in Betracht.
Zahlungswege über Dritte oder unnötige Zwischenschritte
Zahlungen über Treuhänder, Anwalts‑ oder Notarkonten oder Offshore‑Konten, obwohl eine Direktüberweisung möglich wäre, deuten auf Verschleierung hin. Hinterfragen Sie den wirtschaftlichen Hintergrund solcher Umwege, lassen Sie sich Zahlungsanweisungen vorlegen und prüfen Sie, ob der Mehrwert für den Mandanten erkennbar ist.
Politisch exponierte Personen (PEPs)
Geschäftsbeziehungen zu PEPs (Politisch exponierten Personen und deren Familienangehörigen) bergen ein erhöhtes Korruptions‑ und Geldwäscherisiko. Integrieren Sie eine PEP‑Prüfung in Ihrem Onboarding‑Prozess, nutzen Sie offizielle Datenbanken und ergreifen Sie zusätzliche Kontrollmaßnahmen bei PEP‑Mandaten.
Praktische Tipps zur effektiven Erkennung
Know Your Customer (KYC): Erfassen und validieren Sie bereits im Erstkontakt Identität, Unternehmensstruktur und Geschäftsmodell Ihrer Mandanten. Nutzen Sie verlässliche Datenquellen und aktualisieren Sie alle Informationen mindestens jährlich.
Risikobasierter Ansatz: Klassifizieren Sie Mandate nach Geldwäscherisiko – zum Beispiel nach Branche, Art der Leistungen oder Herkunft der finanziellen Mittel. So konzentrieren Sie Ressourcen auf Hochrisikofälle gemäß § 3a GwG.
Dokumentation und Nachweisführung: Halten Sie alle Prüfungen, Analysen und Gesprächsnotizen vollständig und nachvollziehbar fest. Bewahren Sie sämtliche relevanten Dokumente, Daten und Unterlagen mindestens fünf Jahre lang auf – wie in § 8 Abs. 4 GwG vorgeschrieben.
Interne Kontrollen: Interne Sicherungsmaßnahmen wie regelmäßige Überprüfungen, Checklisten und Mitarbeiterschulungen helfen Ihnen, die Wirksamkeit Ihrer Geldwäscheprävention systematisch zu prüfen und kontinuierlich zu verbessern. Art und Umfang müssen gemäß § 6 GwG zur Größe, Struktur und Risikolage Ihrer Kanzlei passen und bei Bedarf angepasst werden.
Moderne Technologien zur Unterstützung
Fortschrittliche AML‑Systeme erhöhen die Effizienz und Genauigkeit bei der Erkennung von Geldwäsche:
KI‑gestützte Transaktionsüberwachung: Intelligente Machine-Learning-Modelle werten riesige Datenmengen in Echtzeit aus, erkennen verdächtige Muster mit hoher Präzision und minimieren Fehlalarme – dank selbstlernender Systeme, die mit jeder Transaktion dazulernen.
Netzwerkanalyse und Link‑Analysis: Visualisieren Sie Geldflüsse und Beziehungsnetzwerke, um verschachtelte Strukturen und ungewöhnliche Verbindungen aufzudecken.
Blockchain‑Forensik: Spezialisierte Tools verfolgen Kryptowährungstransaktionen und machen illegale Mittelströme transparent.
Implementierung im Kanzleialltag
Verankern Sie AML‑Prozesse in Ihrem Kanzleimanagement: Erstellen Sie ein schriftliches Handbuch mit klaren Verantwortlichkeiten, Prozessabläufen und Eskalationswegen. Nutzen Sie standardisierte Templates für Risikoanalysen und Prüflisten, um Einheitlichkeit und Nachvollziehbarkeit sicherzustellen. Überprüfen Sie Ihre Prozesse regelmäßig und passen Sie sie bei Bedarf an.
Schulung und Sensibilisierung
Regelmäßige Schulungen sind essenziell, um das Bewusstsein für Warnsignale zu schärfen. Kombinieren Sie jährliche Präsenz- oder Webinare mit kurzen E‑Learning‑Modulen und aktuellen Fallstudien. Dokumentieren Sie die Teilnahme und verankern Sie neue Erkenntnisse direkt in Ihren internen Prozessen.
Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden
Verdachtsmeldungen reichen Sie elektronisch über das goAML‑Portal ein. Achten Sie auf Vollständigkeit und Präzision gemäß der BaFin‑Orientierungshilfe, um Rückfragen zu minimieren. Pflegen Sie einen direkten Draht zu Ihrer Aufsicht, nehmen Sie an Fachgesprächen teil und bleiben Sie so über regulatorische Entwicklungen auf dem Laufenden.
Fazit
Ein geschultes Auge für die sieben beschriebenen Warnsignale und die konsequente Umsetzung risikobasierter Prozesse sind unerlässlich, um Geldwäsche wirkungsvoll zu bekämpfen. Steuerberater, die in moderne Technologien, strukturierte Schulungen und klare interne Abläufe investieren, reduzieren Haftungsrisiken und stärken die Integrität des Finanzsystems.