Steuerberater und Geldwäsche: Geldwäschestrafbarkeit verstehen und vermeiden
Wann droht Steuerberatern Geldwäschestrafbarkeit? So vermeiden Sie Risiken – mit Pflichten, Praxisbeispielen und Präventionstipps.
Warum gerade Steuerberater im Fokus der Geldwäschebekämpfung stehen. Wann erweiterte Sorgfaltspflichten greifen und wie sie richtig umgesetzt werden.
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Steuerberater bewegen sich tagtäglich an kritischen bzw. sensiblen Schnittstellen des Wirtschaftslebens. Wenn Unternehmen gegründet, Vermögen umstrukturiert oder steuerliche Gestaltungen entwickelt werden, sind sie regelmäßig die ersten Ansprechpartner.
Genau diese Tätigkeiten machen sie aber auch anfällig für Missbrauch, denn illegale Finanzströme suchen sich stets die Wege, auf denen sie am wenigsten auffallen. Der Gesetzgeber hat dies längst erkannt und Steuerberater daher als zentrale Berufsgruppe im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung definiert. Sie gelten als Verpflichtete im Sinne des Geldwäschegesetzes (§ 2 Nummer 12 GwG) und unterliegen damit der Pflicht, ein wirksames, risikoorientiertes Managementsystem zu unterhalten.
Diese Verpflichtung ist kein bürokratischer Selbstzweck. Sie reflektiert vielmehr die Realität, dass Steuerberater durch ihre fachliche Expertise und ihr Vertrauen bei Mandanten in der Lage sind, Auffälligkeiten zu erkennen, die anderen Akteuren verborgen bleiben. Zugleich bedeutet diese privilegierte Position eine erhöhte Verantwortung, insbesondere wenn es um Hochrisiko-Mandate geht. Mandate mit Sitz in Drittstaaten, Tätigkeiten in bargeldintensiven Branchen oder Strukturen mit verschachtelten Eigentumsverhältnissen erfordern ein Mehr an Wachsamkeit. Hier greifen die sogenannten erweiterten Sorgfaltspflichten, im internationalen Kontext als "Enhanced Due Diligence" (EDD) bezeichnet, die weit über die standardmäßige Identifizierung von Mandanten hinausgehen.
Diese erweiterten Maßnahmen umfassen vertiefte Prüfungen zur Herkunft der eingesetzten Mittel, zur Transparenz der Eigentümerstruktur und zur wirtschaftlichen Plausibilität der Geschäftsbeziehung. Sie dienen dazu, das individuelle Risiko nicht nur punktuell zu erfassen, sondern systematisch zu bewerten und kontinuierlich zu überwachen, wie es § 15 GwG vorschreibt. Die deutsche Financial Intelligence Unit (FIU), die Steuerberaterkammern betonen in ihren jüngsten Verlautbarungen mit zunehmender Deutlichkeit, dass Verstöße gegen diese erweiterten Sorgfaltspflichten als schwerwiegende Pflichtverletzungen mit erheblichen berufsrechtlichen und strafrechtlichen Folgen geahndet werden können.
Die Grundlage für die erweiterte Sorgfaltspflicht bildet § 15 GwG, dessen Regelungen wiederum auf europäischem Recht fußen. Die sechste EU-Geldwäscherichtlinie (6AMLD) hat den Rahmen vorgegeben, der nun durch die EU-Anti-Money-Laundering Regulation [AMLR, Verordnung (EU) 2024/1624] weiter konkretisiert und verschärft wird. Diese Verordnung ist Teil eines umfassenden europäischen Reformpakets, das die Geldwäschebekämpfung harmonisieren und effektiver machen soll. Anders als Richtlinien ist eine Verordnung unmittelbar in allen Mitgliedstaaten anwendbar und lässt den nationalen Gesetzgebern weniger Spielraum bei der Umsetzung.
Nach § 15 Absatz 2 GwG sind erweiterte Sorgfaltspflichten immer dann anzuwenden, wenn das Risiko nach der individuellen Bewertung als erhöht einzustufen ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Geschäftsbeziehung zu einer politisch exponierten Person (PEP) besteht, also zu Personen, die in besonders einflussreicher Stellung Zugang zu öffentlichen Mitteln haben oder hatten und deren Vermögen daher besonders kritisch zu hinterfragen ist.
Ebenso verpflichtend sind erweiterte Maßnahmen bei Transaktionen mit Hochrisiko-Drittstaaten, deren Geldwäschesysteme von der Europäischen Kommission oder der Financial Action Task Force (FATF) als unzureichend eingestuft wurden.
Auch ungewöhnliche wirtschaftliche oder rechtliche Strukturen, etwa verschachtelte Beteiligungsverhältnisse ohne erkennbaren wirtschaftlichen Zweck, lösen die Pflicht zur vertieften Prüfung aus, wie § 15 Absatz 3 GwG klarstellt.
Die AMLR wird diese Anforderungen künftig auf eine neue Stufe heben. Artikel 21 der Verordnung (EU) 2024/1624 fordert auch von Steuerberatern als "Verpflichtete", eine Geschäftsbeziehung abzulehnen oder zu beenden und eine Verdachtsmeldung abzugeben, wenn die Sorgfaltspflichten nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden können. Es reicht nicht mehr aus, formale Schritte zu dokumentieren – vielmehr muss materiell nachgewiesen werden, dass die Identität des wirtschaftlich Berechtigten geklärt und die Mittelherkunft plausibel ist. Wo dies nicht gelingt, endet das Mandat zwingend.
Das Herzstück jeder wirksamen Geldwäscheprävention ist eine nachvollziehbare, systematische Risikoanalyse. Sie muss nicht nur einmalig bei Mandatsannahme erfolgen, sondern regelmäßig aktualisiert werden, wie es § 5 GwG vorgibt. Die Steuerberaterkammern, insbesondere jene in Hessen und München, haben hierzu Arbeitshilfen entwickelt, die Steuerberatern konkrete Orientierung bieten. Die Arbeitshilfe der Steuerberaterkammer Hessen zur Ermittlung und Bewertung der Risiken der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (Stand: 26.08.2021) strukturiert die Risikoprüfung in zwei Hauptdimensionen mit insgesamt vier Prüfebenen, die systematisch zu dokumentieren sind.
Die Arbeitshilfe folgt einer klaren Logik: vom Allgemeinen zum Besonderen, von der Kanzleistruktur zu den spezifischen Mandatsrisiken. Diese mehrstufige Betrachtung ermöglicht eine systematische Erfassung und Bewertung von Geldwäscherisiken.
Organisatorische Grundlagen
Am Anfang steht die Bestandsaufnahme der eigenen Praxis. Zu erfassen sind die grundlegenden Parameter: Größe, Rechtsform, Anzahl der Berufsträger und Mitarbeiter sowie die Standortstruktur. Diese Merkmale prägen das Risikoprofil der Kanzlei.
Präventionsmaßnahmen
Ebenso bedeutsam ist die interne Organisation: Wie werden Mitarbeitende für geldwäscherelevante Sachverhalte sensibilisiert? Schulungsmaßnahmen sind nicht nur formale Anforderung, sondern praktische Notwendigkeit.
Mandantenportfolio und Dienstleistungsspektrum
Die Mandantenstruktur zeichnet ein weiteres Bild: Handelt es sich um Privatpersonen oder Unternehmen? Um welche Branchen und Größenordnungen geht es? Wie hoch ist der Auslandsanteil? Ergänzt wird dies durch die Betrachtung der angebotenen Dienstleistungen und der geografischen Reichweite – ob regional, national oder international.
Die Arbeitshilfe differenziert hier nach drei zentralen Risikofaktoren, die den Anlagen 1 und 2 des Geldwäschegesetzes folgen:
Kundenrisikofaktoren
Wie bereits erwähnt, erfordern bestimmte Mandantengruppen erhöhte Aufmerksamkeit, was in der Arbeitshilfe nochmals betont wird: politisch exponierte Personen, Mandanten aus Hochrisikogebieten sowie juristische Konstruktionen zur privaten Vermögensverwaltung. Besondere Wachsamkeit verlangen bargeldintensive Geschäftsmodelle, ungewöhnlich komplexe Eigentumsstrukturen ohne erkennbaren Geschäftsbezug sowie Unternehmen mit nominellen Anteilseignern oder Inhaberaktien. Auch Drittstaatsangehörige, die über Kapitalübertragungen Aufenthaltsrechte erwerben wollen, oder Verhaltensauffälligkeiten wie die Angabe zahlreicher Adressen signalisieren erhöhte Risiken.
Produkt-, Dienstleistungs-, Transaktions- und Vertriebskanalrisiken
Bestimmte Tätigkeiten tragen naturgemäß höhere Risiken: Treuhänderische Aufgaben schaffen Distanz zwischen wirtschaftlich Berechtigtem und sichtbarer Struktur. Bargeschäfte erschweren die Nachvollziehbarkeit. Geschäftsbeziehungen ohne persönlichen Kontakt können Identitäten verschleiern. Neue Geschäftsmodelle und innovative Technologien erfordern erhöhte Wachsamkeit. Zahlungseingänge von unbekannten Dritten sollten stets kritisch hinterfragt werden.
Geografische Risikofaktoren
Geografische Faktoren basieren auf objektiven Kriterien: Von der EU-Kommission identifizierte Hochrisikostaaten, Länder mit unzureichenden Systemen zur Geldwäschebekämpfung, Staaten mit signifikanter Korruption oder kriminellen Aktivitäten, Länder unter Sanktionen sowie solche, die terroristische Aktivitäten unterstützen. Diese Faktoren beziehen sich auf Registrierungsort, Niederlassung oder Wohnsitz der Mandanten.
Dokumentationspflicht
Die Risikoanalyse muss schriftlich oder elektronisch dokumentiert und mindestens jährlich überprüft werden. Zu dokumentieren sind auch die Ergebnisse der Risikobewertung: angewandte Sorgfaltspflichten, Risikokategorisierung und Angemessenheit der Maßnahmen.
Risikokategorisierung
Die identifizierten Risiken sollten in klar definierte Gruppen kategorisiert werden – etwa höheres, mittleres und geringeres Risiko. Diese Differenzierung ermöglicht einen zielgerichteten Ressourceneinsatz und eine dem tatsächlichen Risiko angepasste Intensität der Sorgfaltspflichten. Damit wird die Risikoanalyse zu einem praktischen Instrument der Prävention, das Sicherheit schafft, ohne die Handlungsfähigkeit zu lähmen.
Identifizierung wirtschaftlich Berechtigter und kontinuierliches Monitoring bei Hochrisiko-Mandaten
Parallel zur Risikoanalyse sind Nachweise über die wirtschaftlich Berechtigten beizubringen und fortlaufend zu überprüfen. § 11 GwG verpflichtet hierzu grundsätzlich jeden Verpflichteten – bei Hochrisiko-Mandaten gelten jedoch nochmals deutlich strengere Anforderungen.
Erweiterte Dokumentationspflichten
Es reicht nicht aus, sich auf die Angaben aus dem Transparenzregister zu verlassen. Vielmehr sind ergänzende Dokumente wie Handelsregisterauszüge, aktuelle Gesellschafterlisten, Organigramme oder Nachweise über die Mittelherkunft einzuholen und kritisch zu prüfen.
Verschärfung durch die AMLR
Die Artikel 20 und 21 der Verordnung (EU) 2024/1624 verschärfen diese Pflicht zusätzlich. Künftig wird eine aktive Überprüfung der Vermögensquellen (Source of Wealth) und der Mittelherkunft (Source of Funds) verlangt – insbesondere bei PEPs und internationalen Mandaten. Dies bedeutet: Steuerberater müssen nicht nur fragen, woher das Geld kommt, sondern auch plausibel nachweisen, dass die Antwort einer kritischen Prüfung standhält.
Kontinuierliches Monitoring
Das laufende Monitoring stellt sicher, dass erkannte Risiken nicht statisch behandelt, sondern kontinuierlich beobachtet werden. Mindestens einmal jährlich ist die Risikoeinschätzung zu aktualisieren – bei besonderen Anlässen wie größeren Transaktionen oder strukturellen Änderungen beim Mandanten auch häufiger. Transaktionsbasierte Überwachungssysteme helfen dabei, Auffälligkeiten zeitnah zu erkennen und angemessen zu reagieren.
Die Zeiten, in denen erweiterte Sorgfaltspflichten als theoretisches Compliance-Thema abgetan werden konnten, sind endgültig vorbei. Die verschärfte Aufsichtspraxis der FIU, die zunehmenden Kontrollen durch die Steuerberaterkammern und die absehbare Verschärfung durch die AMLR machen deutlich: Hochrisiko-Mandate sind ein aufsichtsrelevanter Schwerpunkt, dem mit größter Sorgfalt zu begegnen ist. Wer hier nachlässig agiert, riskiert nicht nur empfindliche Bußgelder, sondern auch berufsrechtliche Sanktionen bis hin zum Entzug der Bestellung.
Zugleich bietet ein strukturiertes, dokumentiertes und risikoorientiertes Vorgehen auch eine Chance. Es schafft Rechtssicherheit, schützt die Kanzlei vor Reputationsschäden und stärkt das Vertrauen der Mandanten, die ihrerseits zunehmend Wert auf Compliance-Standards legen. Geldwäscheprävention ist damit nicht nur eine lästige Pflicht, sondern auch ein Qualitätsmerkmal professioneller Beratung.
Steuerberater, die sich der Herausforderung stellen und ihre internen Prozesse entsprechend ausrichten, erfüllen nicht nur ihre gesetzlichen Pflichten, sondern positionieren sich auch als verlässliche Partner in einer Welt, in der Integrität und Transparenz zunehmend zum Wettbewerbsvorteil werden.
Dieser Leitfaden bietet Ihnen Orientierung, wie Sie Ihre erweiterten Sorgfaltspflichten im Kanzleialltag systematisch umsetzen können und worauf Sie dabei achten sollten.
Erweiterte Maßnahmen greifen bei erhöhtem Risiko, insbesondere bei:
Prüfen Sie bei jedem Mandat systematisch:
Kundenrisiko – Rote Flaggen
Transaktionsrisiko – Rote Flaggen
Geografisches Risiko – Prüflisten
Bei Mandatsannahme – Checkliste
Erweiterte Identifizierung
Wirtschaftlich Berechtigte ermitteln
Mittelherkunft prüfen (Source of Funds)
Geschäftszweck verstehen
Mindestens jährlich
Ad hoc bei
Interne Klärung ▶ Mandanten schriftlich um Aufklärung bitten
Vertiefte Prüfung ▶ Zusätzliche Belege, externe Quellen
Verdachtsmeldung ▶ FIU-Meldung (goAML-Portal), KEIN Tipping-Off!
Mandatsbeendigung ▶ Wenn Sorgfaltspflichten nicht erfüllbar
❌ Nur auf Transparenzregister verlassen
❌ Einmalige Prüfung bei Mandatsannahme
❌ Formales Checklisten-Abhaken statt materieller Prüfung
❌ Mandanten vor Verdachtsmeldung warnen (Tipping-Off!)
❌ Fehlende Dokumentation
Die Verordnung (EU) 2024/1624 verschärft ab sofort die Anforderungen:
Empfehlung: Richten Sie Ihre Prozesse jetzt schon an den höheren Standards aus.
Im Zweifel gilt: Lieber zu vorsichtig als zu nachlässig. Bei komplexen Fällen konsultieren Sie Ihre Steuerberaterkammer oder einen spezialisierten Rechtsanwalt.
Möchten Sie Ihre Geldwäscheprävention auf ein solides Fundament stellen?
Wir unterstützen Sie bei der risikobasierten Mandatsannahme, der Umsetzung erweiterter Sorgfaltspflichten und der Erfüllung aller Dokumentations- und Nachweispflichten nach dem Geldwäschegesetz. Vereinbaren Sie ein vertrauliches Beratungsgespräch, um Ihre individuelle Situation zu besprechen.
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